Abbildung 191
„ Das „Philosophische Ei“
Quell: Kupferstich aus Michael Majer „Scrutinium Chymicum“, Frankfurt 1686.
Bildbearbeitung und Text,
Urheber: O. Jung
Abgeschieden, das Feuer der Leidenschaften unter Kontrolle, den scharfen Verstand (das messerscharfe Schwert) fest im Griff, so geht der wahre Adept dem „Ei des Kolumbus" zu Leibe. Michael Majer, der Leibarzt Kaiser Rudolfs II. (1568-1622) empfiehlt: „Lerne, was es mit dem „Ei" auf sich hat und zerschneide es mit flammendem Schwert. Es gibt in unserer Welt einen Vogel (Drache als Greif), der erhabener ist als alle anderen. Nach seinem Ei (seiner Ursache) zu suchen, sei dein einziges Bestreben."
Abbildung 191a
Links: „Schlange reicht Eva den Apfel“
Albrecht Dürer, 1471-1528
Rechts oben: „Schlangengott reicht Hapi das Weltenei“
C. W. King, The Gnostics and their Remains, London, 1887
Rechts unten: „Schlange bebrütet das Weltenei“
Quelle: Privates Bildarchiv
Bildbearbeitung und Text,
Urheber: O. Jung
Rechts oben: Der „Affe Gottes das „Welten - Ei" anbetend.
Die welterzeugende Pulsschwingung, als Schlangengott personifiziert, bietet dem Menschen, dem Erkennenden Geist, das kosmische Schlangenei (in der Paradiesgeschichte den Apfel) zum Weltessen an. Nach dem Verständnis der Alten kommt das „Erkennende“ in diese Welt um sie erlebend zu genießen. Hat der „Erleber“ im menschlichen Dasein den höchsten Bewusstseinszustand erlangt, verlässt er sie wieder und kehrt dahin zurück, von wo er einst ausging.
Er gleicht in etwa einem fanatischen Computerfrick, der sich zu 100% mit einer Figur seines Computerspiels identifiziert. Dabei seine vorherige Identität völlig verliert und die Computerwelt als Realität betrachtet. Solange er als Akteur kräftig mitmischt, weiß er nicht in welcher Lage er sich befindet und kann sich nicht befreien. Erst wenn ihm seine Situation bewusst wird, kann er in die wahre Welt zurückkehren.
Rechts unten: Das „Welten-Ei".
Die Überlieferer lehren seit Jahrtausenden, das wir in einem Weltall leben das einen Anfang hatte und ein Ende haben wird. In ihrer gleichnishaften Art beschreiben sie es als ein pulsierendes Universum das wie eine Lunge atmet. Atmet die ewige Grundlage aus, entrollt sie die Weltenkeime zu Weltsein und Leben, atmet sie ein, faltet sie sie wieder ein. Das atmende, „Ewig Eine“, wird dann in der so genannten Weltennacht zum Keimträger, zum kosmischen Ei, das sich bei erneutem Entrollen zur bunten Welt verfärbt.